Der folgende Bericht, verfasst von Malins Bezugserzieherin Andrea, erschien vor etwas mehr als einem Jahr bereits in der Zeitschrift des Mehrgenerationenzentrums und auf www.46plus.de.
"Malin erobert alle Herzen im Sturm"
"Wir sind eine städtische Kindertagesstätte in einem Mehrgenerationenzentrum mit Seniorenwohnanlage und Pflegeheim in Stuttgart. 40 Kinder besuchen unsere Einrichtung und seit Dezember 2008 ist Malin eines davon.
Wir hatten bis dato noch keinerlei integrative Erfahrungen gesammelt und mussten uns erst durch ein Wirrwarr von Anforderungen und Voraussetzungen arbeiten, bis wir von allen Seiten (Träger, Sozial- und Gesundheitsamt) das Okay bekamen, ein Kind mit einem besonderen Handicap aufnehmen zu können.
Für Malin, ihre Eltern und uns Erzieherinnen stand schon lange fest, dass wir eine Gemeinschaft bilden wollten:
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Malin in der Kita, 1 Jahr alt und 9 Monate |
Von Geburt an kam sie fast täglich in unsere Einrichtung und wurde jeden Tag von allen liebevoll empfangen. Sie brachte ihren älteren Bruder in den Kindergarten und fand immer etwas Zeit, sich in den Räumlichkeiten umzusehen und spontan Kontakte zu knüpfen. Wir hatten die Mutter Malins Bruder, die ganze Schwangerschaft über begleitet und standen nach der Geburt überrascht vor der Babyschale, in dem ein kleines zartes Mädchen zaghaft die Augen aufschlug. Hatten wir laienhaft richtig diagnostiziert? Oder bildeten wir uns etwas ein? Eine wirklich fundierte Ahnung, was das Down Syndrom betrifft, hatten wir jedoch nicht und so wussten wir auch nicht mit Sicherheit, Malins Besonderheit zu deuten.
In einem ausführlichen und sehr vertrauten Gespräch stellten Malins Mutter und ich sicher, wie wir in der Gruppe und im Elternkreis vorgehen wollten.
Die Mutter brauchte Zeit, sich dieser Aufgabe widmen zu können und auch um selbst zu erfahren und zu erleben, was es bedeutet, ihrem Kind gerecht zu werden und es von Herzen zu lieben.
Hätte Malin sich ihre Eltern aussuchen können, sie hätte bestimmt und ganz sicher diese Mama und diesen Papa gewählt. Die beiden Elternteile lieben und fördern ihr Kind, wie es sich jeder kleine Erdenbürger von Geburt an wünschen würde.
Mit dem Tag der Aufnahme begann auch die Eingewöhnungszeit, in dem Mutter und Kind die Einrichtung mehrere Stunden täglich gemeinsam besuchen konnten. Diese Phase war für die Mutter mit Malin neu und sehr erstaunlich, trennte sich das Kind doch leicht von ihr. Schon nach fünf Tagen meisterte Malin den KiTa-Alltag ohne mütterliche Begleitung.
Sie eroberte alle Herzen im Sturm.
Kinder, Mitarbeiter und auch alle Eltern sind bis heute begeistert von der Energie, der Lebensfreude und dem Elan, mit dem Malin tagtäglich ans Werk geht. Die gesamte Elternschaft reagierte durchweg nur positiv. Es gab noch nie ein einziges unfreundliches Wort.
Unsere Nachbarn in unserem Mehrgenerationenzentrum, die Senioren, schauen bei jedem Besuch (Seniorennachmittage, Feste, Aktionen) nach der „Kleinen“ und ohne Malin scheint unsere Gruppe nicht komplett zu sein.
So viele liebevolle Omas hat nicht jedes Kind!
Aber auch wir Erzieher stellen immer wieder fest, dass sie uns entsetzlich fehlen würde, würde sie nicht jeden Tag unseren Tagesablauf aufwirbeln und uns fordern, zu erkennen, was ihr Interesse und ihr Bedürfnis ist.
Sie ist eigentlich immer gut gelaunt, ausgeglichen und von einer nicht enden wollenden Ausdauer beim Spielen.
Sie hat eine unendliche Geduld und versinkt so intensiv und konzentriert in ihr Spielgeschehen, dass wir sie oft fasziniert beobachten. Innere Zufriedenheit, Ruhe und Ausgeglichenheit spiegeln sich in ihrem Spielverhalten wieder. Für alle -Kinder wie Erwachsene- eine wirklich bereichernde Erfahrung. Malin verbreitet eine Heiterkeit und schenkt allen Menschen um sich herum so viel Liebe und Aufmerksamkeit, dass es eine Freude ist, sie in unserer Gruppe zu haben. Sozialverhalten, Hilfsbereitschaft und Toleranz gegenüber Mitmenschen sind bei uns keine leeren Statuten, sondern werden jeden Tag in unzähligen Situationen geübt und gelebt.
Unterstützt werden Malin und auch wir Erzieher von einer Integrationskraft, die einige Stunden pro Woche in der Gruppe zugegen ist und Malin in ihrer Entwicklung intensiv fördert. Grundlage hierfür ist ein gemeinsam in
der Hilfekonferenz (Fachberaterin, Mutter, Sozialdienst, Integrationskraft, Bezugserzieherin) erstellter Förderplan, in dem einzelne Schritte und Vorgehensweisen festgehalten sind.
Im ständigen Dialog zwischen Mutter und den betreuenden Erzieherinnen werden Veränderungen und Neuigkeiten untereinander ausgetauscht und in die pädagogische Arbeit eingebaut. Im April wurde Malin 4 Jahre alt, aber unsere Sprache kann sie noch nicht in Sätzen wiedergeben. Inzwischen beginnt sie ansatzweise einige Wörter zu sprechen.
Die Menschen mit denen Malin zusammen ist, verstehen sie jedoch gut. Viele Wörter werden auch von uns durch die Benutzung von Gebärdenzeichen hervorgehoben und Malin greift diese Hilfsmethode gerne auf.
Überhaupt liebt sie Bewegungsspiele jeder Art und übernimmt auch in großen Runden die Hauptrolle,
in dem sie sich einfach in der Kinderrunde oder an den Seniorennachmittagen in den Kreis stellt und die Durchführung ihres Spieles gestikulierend einfordert.
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3. Geburtstag in der Kita |
Wir alle werden Malin noch über 2 Jahre begleiten können und hoffen, dass wir noch unzählige Entwicklungssprünge von ihr erleben dürfen."