Sonntag, 24. Juni 2012

in der Nebelhöhle


Was macht man, wenn man den Kindern ein Outdoorabenteuer versprochen hat, der Wetterdienst aber Regen, Regen und nochmal Regen vorhergesagt hat?
Nun, entweder man spannt einen Schirm auf oder aber - wenn man auf "nass" nun gerade überhaupt keine Lust hat - man macht eine Höhlentour. Ganz trocken ist es da drin zwar auch nicht, aber mit Sicherheit ein nicht alltägliches Erlebnis. Die Kinder fanden es jedenfalls beide spannend. Mit Stirnlampen ausgestattet kamen sie sich vor, wie richtige Höhlenforscher.



Unsere Expedition führte uns in die Nebelhöhle in der Schwäbischen Alb, eine Tropfsteinhöhle mit einem Höhlengang von 450 Meter Länge und mehren Hallen, in denen es viele beeindruckende Tropfsteine jeder Art zu entdecken gibt - also Stalagmiten, Stalaktiten und Stalagnaten :-)


Ein ganzer Wald von Tropfsteinen. Einige reichen sogar bis an die Höhlendecke.



Immer wieder stehen Tropfsteine mitten im Weg, wie versteinerte Höhlenwanderer.
 




... wo ist Malin im folgenden Bild? 

Lösung: rechter Bildrand mittig - ganz klein ;-)

Und dann gibt es da den 'abgesägten Tropfstein'. Er war mal der größte der gesamten Höhle. Mit über 4 Meter Höhe verband er den Höhlenboden mit der Decke. Man sägte ihn in den Sechzigern für Restaurierungen im Neuen Schloss in Stuttgart ab, um daraus Elemente für die Wandverkleidung im Treppenhaus wieder herzustellen. Seit dem Zweiten Weltkrieg waren diese Schmuckfelder teilweise zerstört gewesen und Experten hatten festgestelt, dass sie original aus Höhlentropfsteinen der Schwäbischen Alb gefertigt waren.
 

Gleich beim Zugang zur Nebelhöhle gibt es auch ein nettes Ausflugslokal, mit diversen Maultaschen-Gerichten auf der Speisekarte.
Das Deko-Grünzeug auf dem Teller war Malins Bruder allerdings überhaupt nicht grün ;-)


Der Spielplatz vorort ist sehr schön und bei trockenem Wetter sicherlich gut bevölkert. Als wir dort waren war weniger los und die Kinder konnten ausgiebig schaukeln und sich richtig austoben.





Dienstag, 12. Juni 2012

so klein und doch so groß...


Seit vergangenem Sommer haben Malins Haare keine Schere mehr gesehen, und sie sind richtig lang geworden. Unser kleines Mädchen sieht so groß damit aus! Sie hat sich überhaupt verändert in letzter Zeit, bald erinnert nichts mehr an das Kleinkind, dass sie eben noch war. Auch bei Malin bleibt die Zeit nicht stehen und sie entwickelt sich, wenn auch langsamer. Inzwischen erscheint mir das gewöhnliche Entwicklungstempo von "Standard-Kindern" fast als ungewöhnlich schnell - zu schnell. Wo bleibt die Zeit? Alle Eltern fragen sich das hin und wieder. Ich - bei unserem Sohn - sowieso - und bei Malin natürlich auch, denn sie ist schon fünf, was ich oft vergesse, da insgesamt ja noch noch so klein ...


Mit offenem Haar erlebt man sie nur sehr selten, denn das verträgt sich leider nicht so recht mit ihrem Dauerschnupfen (Schnotz im Haar).
Da sie sich auch nicht sonderlich gern frisieren lässt, bin ich immer wieder versucht, die Haare wieder auf Kinnlänge schneiden zu lassen ... mittlerweile würde mir das aber ziemlich schwer fallen.

Dienstag, 5. Juni 2012

Geschwisterliebe mit Handicap?

Ich glaube nicht, dass die Geschwisterbeziehung meiner beiden Kinder unter einem schlechteren Stern steht, als eine gewöhnliche, nur weil Malin das Down-Syndrom hat. Die beiden haben sehr viel Spaß miteinander. Natürlich gibt es ab und zu die üblichen Rangeleien unter Geschwistern, aber in der Regel sind sie ein Herz und eine Seele, halten dick zusammen und verschwören sich schon mal gemeinsam gegen ihre armen Eltern ;-)  Ich frage mich oft, ob mein Sohn in irgendeiner Form zurückstehen muss. Aber wenn ich darüber nachdenke, sehe ich auch gleichzeitig, dass sich diese Frage auch in Bezug auf Malin stellen lässt. Also halte ich meine Augen offen und gebe mir Mühe, die Bedürfnisse beider meiner Kinder zu erkennen und ihnen beiden gerecht zu werden. Das ist ein Spagat, der immer schwierig ist, egal ob ein "Handicap" beteiligt ist, oder nicht. Aber beide Kinder nehmen sich einfach den Raum, den sie brauchen. Wenn jemand zu kurz kommt, dann ist es eher die Mama ;-)


Vielleicht könnte es sein, dass mir, als Mutter eines "besonderen" Kindes, manches bewusster ist, und ich näher dran bin an meinen Kindern, als Mütter mit "unverdächtigem" Nachwuchs? Fast sicher bin ich mir, dass durch unseren "besonderen" Familienstatus, gerade für Malins Bruder, eine wunderbare Chance besteht, dass er zu einem gefestigten, lebensklugen und herzensgebildeten Menschen heranreift. Er wird vieles erleben, beobachten und reflektieren, was anderen Gleichaltrigen verschlossen bleibt, und so seine eigenen Werte herausbilden und die Fähigkeit erlernen, selbst zu denken und für einen Standpunkt einzustehen. Ich bin fest davon überzeugt, dass man diese Eigenschaften nachhaltig nur durch eine Lebensschule erwirbt


Wir Mütter glauben ja oft, wir müssten alle Gefahren, die körperliche und seelische Verletzungen verursachen könnten, von unseren Kindern fernhalten. Theoretisch wissen wir meist, dass das nicht sinnvoll ist, aber in der Praxis ist es eher schwer, darauf zu vertrauen, dass unser Kind keinen Schaden nimmt, sondern dass es wahrscheinlich sogar gestärkt und reifer als zuvor aus einer Sache hervorgehen wird.
Möglicherweise ist es für mich als Mutter sogar schmerzvoller als für meinen Sohn, wenn ich z.B. mitbekomme, dass Malin, bzw. ihre "Besonderheit", dazu missbraucht wurde, ihrem Bruder "eins auszuwischen".
Glücklicherweise kam das bisher selten vor, und glücklicherweise habe ich davon erfahren, so konnte ich ihm einen Weg zeigen, damit umzugehen. Aber es wird wahrscheinlich nicht mehr lange dauern, und ich werde solche Vorfälle nicht mehr erfahren, weil er sie, wenn er älter wird, mit sich allein wird ausmachen wollen. Ich hoffe sehr, er hat bis dahin gelernt, auf wen oder was er vertrauen kann.

Freitag, 1. Juni 2012

Ein Test - viele Meinungen?

In der Mai-Ausgabe der Zeitschrift "Eltern" gab es einen Artikel zu diesem neuen Bluttest, der eine Trisomie 21 schon frühzeitig in der Schwangerschaft erkennen kann.
Ich bin immer hin und her gerissen, ob ich solche Artikel überhaupt lese, denn nicht selten wirken sie noch lange nach, beschäftigen mich, rauben mir meine Gedanken, und oft ziehen sie mich emotional auch einfach herunter. Immer wieder vor Augen gehalten zu bekommen, dass es in dieser Gesellschaft so einfach und unreflektiert möglich ist, einem Kind mit Down-Syndrom das Lebensrecht abzusprechen tut mir unendlich weh.
"Einfach und unreflektiert" bezieht sich auch auf die Art und Weise, wie die Berichterstattung erfolgt, oder wie diskutiert wird, welche haltlosen Argumente herangezogen werden. Jeder hat dazu eine Meinung, denn jeder hat eine Vorstellung von "Behinderung" und somit natürlich auch vom Down-Syndrom. Aber wieviele Menschen kennen denn wirklich eine Person mit DS? Und wenn man eine Person kennt, kann man auf alle anderen Rückschlüsse ziehen? So wie jeder Mensch einzigartig ist, so ist auch Malin überhaupt nicht wie alle anderen Down-Kinder, sie ist einfach Malin - unvergleichbar... naja, wir kennen welche, die sind genauso blond, genauso süß und genauso liebenswert... ;-)

Aber zurück zu dem Artikel in "Eltern": er war dann doch recht ausgewogen und sogar kritisch. Die Verfasserin hat es vermieden zu bewerten und dies anderen überlassen. Die "Experten", die dabei zu Wort kamen, sehen das neue medizinische Verfahren durchaus nicht nur in rosigem Licht, die Problematik wurde gut beleuchtet.
Gestolpert bin ich aber über die Aussagen der Mutter, die sich bei ihrem Kind mit Trisomie 21 für einen Abbruch entschieden hat. Ich verurteile diese Mutter nicht, denn ich weiß nichts über ihre Geschichte und über ihren Hintergrund. Es ist auch gut möglich, dass ihre Worte journalistisch verfälscht wiedergegeben wurden. Trotzdem möchte ich die Aussagen, mit denen sie ihre Entscheidung in diesem Artikel begründet, kommentieren, sie schreibt:
`Verdacht auf Down-Syndrom´ - die Worte des Arztes gingen mir damals durch Mark und Bein. Trotzdem war für meinen Mann und mich zunächst klar: `wir kriegen das Baby´. Behinderte Kinder sind eine Bereicherung - das sagt sich so. Aber dann googelt man. Spricht mit Freunden, die behinderte Geschwister haben. Malt sich aus, was auf die eigene Tochter, ... drei damals, zukommen würde.
Es gibt Gründe, eine Schwangerschaft mit einem Down-Kind zu beenden, die ich nachvollziehen kann, genauso wie es Gründe gibt, sich gegen ein "normales" Kind zu entscheiden. Niemand ist in er Lage sich ein Urteil bilden zu können über jemanden, der eine solche Entscheidung trifft, denn das hieße genau Bescheid zu wissen - wer könnte sich das anmaßen? Aber wenn dieser Schritt erklärt und begründet wird, so kann man diese Begründungen und Erklärungen in Frage stellen. Und ich störe mich sehr an dieser wertenden  Aussage `Behinderte Kinder sind eine Bereicherung - das sagt sich so´. Ja klar, das sagt sich so. Aber lassen wir das `Behinderte´ mal weg: was bleibt sind Kinder, die nicht weniger anstrengend sein können - gibt es ein Maß dafür, in wie weit, oder ab wann ein Kind eine Bereicherung darstellt? - Für wen? Und wer bestimmt dies, wenn es denn so wäre?

Außerdem geht es bei diesem Test, und somit auch in dem Artikel, eigentlich nur um das Down-Syndrom und nicht um "behinderte" Kinder im allgemeinen. Das ist wichtig, denn es gibt Diagnosen, die stellen das Down-Syndrom bei weitem in den Schatten. Diese "Behinderungen" schön zu reden, hieße, den betroffenen Familien nicht gerecht zu werden. In der Regel aber ist das Down-Syndrom eine solche "Behinderung" nicht. Also bitte - große Welt da draußen - wer sich ein Bild über das Down-Syndrom machen möchte, der schaue auch nach beim Down-Syndrom und nicht bei "Behinderungen" aller Art - und das gilt auch, wenn man Geschwister "behinderter" Menschen befragt!

Ich gebe zu, dass der Gedanke an Malins älteren Bruder, nach der Geburt seiner Schwester, da war er 2 3/4 Jahre alt, auch für mich mit den größten Sorgen und Ängsten verbunden war.
Die Frage, was auf ihn zukommen würde, nahm mir schier die Luft zum Atmen und schmerzte unendlich.
Aber schon eine Kinderärztin in der Geburtsklinik versicherte mir, dass Malin ihrem Bruder viel zu geben hat, wenn es vielleicht auch Zeiten geben mag, in denen ihm viel abverlangt werden wird. Aus heutiger Sicht kann ich das nur bestätigen, und "abverlangt" wurde ihm bisher nicht mehr als unter Geschwistern üblich - ob sich das noch ändern wird? Ich sehe das sehr entspannt!
Inzwischen kenne ich auch so viele Schilderungen der Wertschätzung von Downies durch ihre Geschwister ... kann man die einfach übergehen? Oder in Frage stellen?
Ich las einmal von einem Highschool-Absolventen in den USA, der seine Abschlussarbeit über seine Schwester mit Down-Syndrom verfasste. Er wurde ausgewählt, seine Arbeit bei der Abschlussfeier vor Publikum vorzutragen. Sie endete in etwa mit den Worten "ich wünsche einem jedem Menschen auf dieser Welt, von einem anderen Menschen so geliebt zu werden, wie meine Schwester mich liebt." Es gab standing ovations - klar, sehr amerikanisch, aber diese Aussage trifft doch sehr den Kern, wie ich finde.

Abschließend sei mir noch eine Frage erlaubt:
Welche Signalwirkung hat es - oder aber auch: mit welcher Bürde belaste ich mein Kind, wenn ich es als Grund heranziehe, mich gegen das Leben eines anderen Kindes zu entscheiden? 

Aber die Fragen des Lebens sind nie einfach zu beantworten, so wie es sicher ist, dass jeder mit der Entscheidung, die er für sich fällt, am Ende weiterleben muss. Jede Entscheidung hinterlässt Spuren.
Je älter Malin wird, desto sicherer weiß ich, dass wir es richtig gemacht haben.